Windenergieanlagen (WEA) bedürfen einer Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG). Dabei ist im Hinblick auf Schall zu überprüfen, ob die Maßgaben nach der TA Lärm und der DIN ISO 9613-2 eingehalten werden. Seit dem Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 25.09.2017 im Eilverfahren, wonach die in der DIN ISO 9613-2 enthaltenen Aussagen durch Erkenntnisfortschritte in Wissenschaft und Technik überholt seien und die DIN ISO 9613-2 deshalb keine Bindungswirkung mehr entfalte, häufen sich Drittanfechtungen von noch nicht bestandskräftigen Genehmigungen und es wurde eine Diskussion darüber entfacht, ob das vom DIN-Arbeitskreis NALS entwickelte sog. Interimsverfahren und die bestätigenden LAI-Hinweise einen neuen Stand der Technik begründen. Dem kann nicht gefolgt werden.
Das Interimsverfahren dient der Prognose für die Ausbreitungsberechnung der Geräusche von WEA und stellt im Wesentlichen auf eine Vernachlässigung der Bodendämpfung ab. An dem tatsächlich wahrnehmbaren Schall ändert dieses Prognoseverfahren nichts. Zudem wurden die von der LAI im September 2017 beschlossenen Hinweise lediglich im Rahmen der Umweltministerkonferenz zur Kenntnis genommen. Mehr aber auch nicht. Der Auffassung des Verwaltungsgerichts Düsseldorf folgende Rechtsprechung liegt bislang ebenfalls nicht vor. Insbesondere das Verwaltungsgericht Arnsberg hat sich in seinem Urteil vom 17.10.2017 im Hauptsacheverfahren ausgiebig mit dem Interimsverfahrens befasst und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass weiterhin das bisher verwendete Verfahren nach der DIN ISO 9613-2 als maßgeblich anzusehen ist. Eine Anwendung des Interimsverfahrens ist danach wegen der Verbindlichkeit der TA Lärm ohne Änderung derselben und mangels Überholung durch gesicherte Erkenntnisfortschritte nicht angezeigt. Dies gelte aber selbst für den Fall, wenn durch einen eingetretenen Erkenntnisfortschritt die Bindungswirkung der TA Lärm entfallen sein sollte, da anderenfalls die Anwendung des Interimsverfahrens im Kern die unzulässige Berücksichtigung einer nachträglichen Änderung der Rechtslage bewirken würde. Zudem haben insbesondere die Oberverwaltungsgerichte der Länder Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und des Saarlandes weiterhin offengelassen, ob (künftige) Schallimmissionsprognosen nach dem sog. Interimsverfahren zu erfolgen haben. So bestehe auch nach dem Beschluss des OVG Lüneburg vom 27.02.2018 – 12 ME 14/18 – (Urteilsumdruck S. 11) keine Veranlassung zu der Annahme, dass die Bindungswirkung entfallen sei und Schallprognosen für Immissionen durch WEA deshalb nach dem Interimsverfahren zu erstellen seien.
Zudem ist jedenfalls in Fällen, in denen der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage (Tag der letzten Behördenentscheidung) vor dem Beschluss des LAI im September 2017 liegt, das Interimsverfahren nicht anzuwenden. Denn zu diesem Zeitpunkt standen die erteilten Genehmigungen mit dem materiellen Recht im Einklang.
Es bleibt damit festzuhalten, dass weder das Interimsverfahren noch die LAI-Hinweise rechtsverbindliche Regelungen sind und es damit den Bundesländern überlassen bleibt, Regelungen zur Anwendbarkeit des Interimsverfahrens im Genehmigungsverfahren und nach Abschluss des Genehmigungsverfahrens zu erlassen oder länderspezifische Empfehlungen auszusprechen. Dieses ist teilweise bereits geschehen. Für die Rechtsprechung sind solche Erlasse oder Empfehlungen aber nicht bindend. Jedenfalls hat die oberverwaltungsgerichtliche Rechtsprechung bislang weder das Interimsverfahren noch die LAI-Hinweise als im rechtlichen Sinne ausreichend gesicherten Erkenntnisfortschritt anerkannt.